Erziehung - die Basis für ein entspanntes Miteinander
Je mehr positive Erfahrungen ein Hund bereits im Welpenalter machen konnte, desto umfangreicher ist später seine Geborgenheitsgarnitur, auch Erlebnispool genannt. Dies gilt in besonderem Maße natürlich auch für unsere Hunderasse. Reagiert ein erwachsener Saarlooswolfhond in für ihn zunächst unbekannten Situationen extrem ängstlich, und überwiegt der Instinkt zu scheuem Verhalten, wurden wahrscheinlich in der sensiblen Phase des Welpen Fehler gemacht.
In der Literatur findet man widersprüchliche Angaben zu diesem Thema. In der Verhaltensbiologie spricht man heute von zwei sensiblen Phasen:
Die erste sensible Phase beginnt im Alter von 3 Wochen, sobald die Welpen ihre Augen und Ohren öffnen und damit ihre Umwelt über eine sinnliche Wahrnehmung erfassen können.
In dieser Zeitspanne, die bereits mit der 5. Lebenswoche endet, zeigen sich die Welpen extrem neugierig und aufgeschlossen, Angst zeigen sie hingegen kaum.
Der Grund ist die Vorherrschaft des Parasympathikus, also des Nervensystems, das vor allem erholungsfördernde Signale aussendet.
Alles, was der Welpe in dieser Zeitspanne an Eindrücken aufnimmt, also jeder optische wie auch akustische Reiz, und insbesondere jede Begegnung mit Menschen und fremden Hunden, wird sofort in die Geborgenheitsgarnitur aufgenommen und im Gehirn abgespeichert. Wird der Welpe in seinem späteren Leben mit einem gleichen oder ähnlichen Reiz konfrontiert, empfindet er diesen als ungefährlich. Genauso wichtig für den Welpen sind in diesem Lebensabschnitt jedoch auch Ruhephasen, um das Erlebte einordnen zu können.
Die zweite sensible Phase schließt sich daran an und endet mit der 12. Lebenswoche. Die spielerische Neugierde weicht zusehends einem vorsichtigen Herantasten an bis dahin unbekannte Reize.
Menschen werden kategorisiert, fremden Menschen nähern sich die Welpen nun vorsichtiger und nicht mehr ganz so aufgeschlossen wie in der ersten sensiblen Phase.
Der Grund ist die Vorherrschaft des Sympathikus, also des Nervensystems, das vor allem leistungsfördernde Signale aussendet.
Fühlt sich der Welpe mit einer für ihn neuen Situation überfordert, kann sich der Adrenalinspiegel erhöhen und die Herzfrequenz steigen. Der Welpe spürt dann Angst. In der freien Natur ist dies überlebensnotwendig, denn ohne Angstgefühl kann ein Hund keine Gefahrensituationen erkennen.
Für uns Menschen ist dieses natürliche Verhalten eines Hundes mitunter lästig, manchmal sogar gefährlich.
Umso wichtiger ist es, frühzeitig entgegenzuwirken und den Welpen auf das spätere Leben vorzubereiten.
Gerade weil die Welpen jetzt besonders sensibel auf neue Reize reagieren, müssen sie von nun an möglichst viele positive Erfahrungen mit Menschen, Artgenossen, anderen Haus- und nach Möglichkeit auch mit Wildtieren machen.
Im Spiel mit Artgenossen werden auch die Mimik/Gestik, sowie die motorischen Fähigkeiten weiter geschult. Die nicht angeborende Beißhemmung wird ebenfalls in dieser Phase erlernt. Die Welpen sind zwischen der 6. und 8. Lebenswoche besonders empfänglich für Veränderungen in ihrer Umwelt. Danach nimmt die Bereitschaft, Neues als Teil der Umwelt anzusehen, rapide ab.
Aus verhaltensbiologischer Sicht wäre daher, nach Abwägung aller Vor- und Nachteile, eine Abgabe der Welpen zwischen der 6. und 8. Lebenswoche ideal.
In diesem Zeitfenster fällt es den Welpen noch sehr leicht, sich in einer neuen Umgebung mit völlig anderen Reizen (Geräusche, Gerüche, fremde Menschen, unbekannte Tiere, etc.) zurechtzufinden.
Leider verbietet dies das Deutsche Tierschutzgesetz, das eine Abgabe der Welpen erst nach 8 Wochen erlaubt.
Somit obliegt die größte Verantwortung dem fachkundigen Züchter, den Welpen für sein neues Zuhause nach bestem Wissen und Gewissen vorzubereiten.
Wundern Sie sich also nicht, wenn ein guter Züchter, insbesondere der von dem Sie einen Welpen erwarten, Sie nach Details zu ihrer Wohnung, zu Ihrer Umgebung und zu ihren Gewohnheiten fragt. Er wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Wohle Ihres Welpen tun, um diesen ideal für das größte Abenteuer seines Lebens vorzubereiten: Ein Leben mit ihnen in der Familie.
Ausbildung - früh übt sich, was ein Meister werden will
Das Zitat „Früh übt sich, was ein Meister werden will“ aus Friedrich Schillers "Wilhelm Tell" (1804) fasst in wenigen Worten prägnant zusammen, dass man bereits in jungen Jahren zu lernen beginnen muss, wenn man in späterer Zeit darin wirklich gut sein möchte.
Obwohl Friedrich Schiller wahrscheinlich dabei uns Menschen gemeint hatte, gilt das Gesagte auch für unsere Hunde:
Je früher die Ausbildung eines Hundes beginnt, und je öfter einzelne Sequenzen auch danach noch wiederholt werden, desto zuverlässiger kann in späteren Jahren das Erlernte abgerufen werden.
Verhaltensbiologisch betrachtet ist es wichtig, in den ersten Lebensmonaten eines Hundes viel Zeit in seine Ausbildung zu investieren, um später darauf aufbauen zu können.
Es ist übrigens auch während der Pubertät möglich, mit einem Hund konsequent, zielorientiert und gleichzeitig ruhig zu arbeiten.
Hundeschulen - worauf muss ich achten?
Kann man mit einem Saarlooswolfhond überhaupt in eine Hundeschule gehen? Ja, auf jeden Fall !! Zumindest bis zum Alter von ca. 5 Monaten, also bis zum Ende des Lernzeitfensters, währenddessen die Beißhemmung noch geübt wird, sollten Sie mit Ihrem Saarlooswolfhond eine gute Hundeschule besuchen und regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Es spricht natürlich auch nichts dagegen, ihrem Hund eine viel längere Zeit in der Hundeschule zu gönnen.
Achten Sie unbedingt auf eine übersichtliche, eher kleine Welpengruppe, denn für Ihren Liebling ist das Beste gerade gut genug.
Das ideale Eintrittsalter in die Welpengruppe liegt bei 8-11 Wochen, danach wird es für Ihren Hund schwieriger, sich vorurteilsfrei allen Hunden und auch deren Besitzern zu nähern.
Große Welpengruppen sind kein Indiz für die Qualität einer Hundeschule, sondern vielmehr ein Armutszeugnis. Die Idealgröße liegt bei 4-6 Welpen.
Naturgemäß ist eine Welpengruppe nicht immer homogen. Welpen verschiedener Rassen, die sich in Alter, Größe und Temperament durchaus unterscheiden, lernen spielerisch bei ersten gemeinsamen Übungen miteinander freundlich umzugehen.
In den meisten Hundeschulen schließt sich an die Welpengruppe nahtlos eine Junghundegruppe an. Achten Sie hier vor allem auf kompetente Hundetrainer, die sich mit Wolfhunden, im Idealfall natürlich speziell mit Saarlooswolfhonden, auskennen.
Eine gute Hundeschule erkennt man nicht an der Größe des Trainingsgeländes, an Diplom-Abschlüssen oder an bunten Werbeversprechen auf der Website. Fragen Sie stattdessen andere Hundebesitzer, welche Hundeschule sie empfehlen können.
Nehmen Sie am Besten Kontakt mit verschiedenen Hundeschulen auf, noch bevor Sie ihren Welpen vom Züchter abholen. Einige Hundebesitzer fahren regelmäßig 50 km oder mehr, um in eine geeignete Hundeschule zu gehen. Aber das sollte Ihnen Ihr Liebling wert sein.
Idealerweise gibt es in der Hundeschule Ihrer Wahl einen oder mehrere Hundetrainer, die selbst einen Saarlooswolfhond haben, und die dadurch die Besonderheiten der Rasse aus eigener Erfahrung kennen.
Saarlooswolfhonden können auf andere Hunde sehr beeidruckend wirken, nicht nur auf Menschen!!
Daher muss auch ein junger Saarlooswolfhond möglichst früh lernen, die Signale anderer Hunde, insbesondere anderer Rassen, richtig zu deuten.
Da die Hunderasse zur Scheuheit neigt, ist es für einen Saarlooswolfhond immens wichtig, bereits vom ersten Tag an zu lernen, wie er sich in für ihn bedrohlich wirkenden Situationen verhalten soll.
Die für den Saarlooswolfhond typische Scheuheit ist nur zum Teil erblich, der andere Teil wird durch die Umwelt beeinflusst!
Es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass die Heritabilität von ängstlichem Verhalten eine geringere Varianz innerhalb einer Hunderasse aufweist als der individuelle Erfahrungsschatz.
Durch möglichst ideale Umweltbedingungen kann eine ängstliche Veranlagung durchaus positiv beeinflusst werden.
Hierzu gehört neben einer umfangreichen Geborgenheitsgarnitur (Züchter) eine sehr gute Sozialisierung (Züchter und Besitzer) und ein sowohl liebevoller, als auch konsequenter Umgang mit Ihrem Saarlooswolfhond im Alltag (Besitzer). Sie haben es also selbst in der Hand, wie sich Ihr Saarlooswolfhond im Alltag verhält.
Sie müssen sich in der Hundeschule Ihres Vertrauens auch wohlfühlen.
Die Qualifikation eines Hundetrainers ist nicht nur eine Frage seines theoretischen und praktischen Wissens, sondern auch seiner sozialen Kompetenz:
Werden Sie als Mensch mit Ihrem Hund vorurteilsfrei akzeptiert? Werden individuelle Trainingspläne mit Ihnen erarbeitet und im Vorfeld einer Trainingseinheit besprochen? Werden dabei operative, taktische und strategische Ziele definiert?
Vielleicht ist die Hundeschule, in der Sie sich wohlfühlen, aus fachlicher Sicht noch nicht einmal die Beste, aber sie ist dafür die Beste für Ihren Hund. Denn in einer Hundeschule, in der Sie sich nicht wohlfühlen, wird ihr Saarlooswolfhond niemals ein offenes, ausgeglichenes Wesen zeigen.